Die Hurtigruten haben sehr verschiedene Liegezeiten in den einzelnen Häfen. In Ørnes hält sie ganze 10 Minuten, was so kurz ist, daß es kaum für ein paar Fotos nach dem Anlegen reicht. Der Begrüßungssteward scheucht uns eilig an Bord. Der CdT (Chauffeur des Tages) wird ebenso zur Eile angetrieben und rast so schnell an Bord, daß das Dokumentationsfoto unscharf wird.
Einfahrt in die MS Nordlys
Es ist wie heimkommen, alles an Bord ist vertraut und wir fühlen uns richtig wohl. Erst mal frühstücken, und es ist ein großartiges Frühstück.
Kaum fertig gefrühstückt steht die im ersten Moment völlig überraschende Überquerung des Polarkreises an. Dies wird gebührend draußen auf Deck 7 gefeiert und der Kapitän fährt extra an der schönen Seite des Inselchens “Viking” vorbei. Bei allen steckt ein Kloß im Hals und bei manchen von uns kann man, wenn man ganz genau hinsieht, Tränen in den Augen erkennen. Die Gegenrichtung war erfüllt von freudiger Erwartung und jetzt das!
Polarkreisüberquerung 66° 33' 55" N
Diese Veranstaltung ist deutlich weniger besucht als die offizielle Feier der Überquerung mit dem Kapitän. Er schenkt Lebertran und Moltebeerlikör aus, serviert auf einem Erinnerungslöffel, den wir als Geschenk behalten dürfen. Der Kapitän trägt dazu Latex-Handschuhe und da wirklich an jeder Ecke in Norwegen Anti-Coronavirus-Desinfektionsstationen aufgestellt wurden, glauben wir, daß das der Grund ist. Den tatsächlichen Grund merken wir später, als unsere Hände weiterhin penetrant nach Fisch riechen und diesen Geruch absolut nicht aufgeben wollen.
Lebertran und unsere Hände riechen penetrant nach Fisch
Was wir auf unserer Reise vermißt haben, sind "stupid animals" (Anmerkung für den geneigten Leser: So werden in Finnland Rentiere genannt).
Wir haben zwar welche kurz gesehen und flache Versionen gestreichelt, konnten sie aber vor Lachen nicht fotografieren. Und Elche haben wir auch nicht geknutscht.
Den Rest des Nachmittags verbringen wir mit Arbeiten: An diesem Blog, dem Herstellen von Bärenbildern und natürlich mit Essen.
Bilder von wilden Bären
Das Leben an Bord wird erfreulicherweise vom Essen getaktet, was die meisten von uns (oder sind es alle?) sehr erfreut. Da wir mittlerweile außerhalb des Aurora-Einzugsgebietes sind, entfällt die abendliche Jagd und wird durch ein köstliches Essen ersetzt. Wir haben mit unserer eintägigen Hurtigruten-Fahrt ausgerechnet das Captains Dinner erwischt. Zum Glück gibt es keinen Dresscode - da würden wir glatt durchfallen mit unseren auf “Warmhalten” optimierten Kleidungsstücken. Die anderen Passagiere sind beeindruckt, wir hätten allerdings auch mit der Anwesenheit des Kapitäns beim Captains Dinner gerechnet.
Die Küche reagiert flexibel auf die Anwesenheit und Verabscheuung eines im Menü nicht erwähnten Essensbestandteils und liefert in beeindruckender Geschwindigkeit ein mehr als akzeptables Ersatzessen.
Die Fotomenge wird jetzt immer dünner, wir müssen schon unsere jahrelangen Reisebegleiter als Fotomodelle einsetzen. Wir langweilen uns nicht, aber die heutigen Fotomotive sind dem Nebel zum Opfer gefallen.
© 2020 Thomas Hieronymi